Einleitung
Der folgende Beitrag ist in fünf Abschnitte unterteilt. In einem ersten Schritt werden jene Parameter, die sich im Vergleich zu den Gemeinderatswahlen vom 22. März 2015 geändert haben, näher beschrieben. Danach wird das Gesamtergebnis auf Landes- und Bezirksebene kurz analysiert. Im Folgenden werden (veränderte) Mehrheitsverhältnisse auf einer allgemeinen und einer parteibezogenen Ebene diskutiert. Als viertes wird die Wahlbeteiligung analysiert und auf der Basis der Variablen Bezirksfusionsstatus, Bezirksfusionsfaktor, Gemeindefusionsfaktor, Gemeindefusionsstatus, Mehrheitsverhältnisse 2010 sowie der zwei berechneten Renitenzfaktoren der Kommunen auf etwaige Signifikanzen hin statistisch gerechnet. In einem letzten Schritt werden die jeweiligen Gesamtergebnisse (Ge) und Prozentpunktdifferenzen (Ppd) der Parteien auf der Basis von 24 Variablen auf Korrelationen bzw. Mittelwertdifferenzen[1] gerechnet und interpretiert sowie abschließend jeweils eine lineare Regression (außer für die Prozentpunktdifferenzen von NEOS und „Team Stronach, weil sie erstmals kandidierten) durchgeführt.
(…)
Das FPÖ-Ergebnis
Die folgende Tabelle dient als Interpretationsbasis des FPÖ-Ergebnisses auf Bezirksebene:
Ge | Ppd | Ge | Ppd | ||
BM | 27,91% | 16,44 | LI | 25,00% | 15,77 |
DL | 30,48% | 21,42 | MU | 28,26% | 20,62 |
G | 19,81% | 7,88 | MT | 26,79% | 17,68 |
GU | 29,03% | 16,14 | SO | 28,68% | 19,21 |
HF | 28,59% | 19,03 | VO | 32,57% | 22,08 |
LB | 32,41% | 21,58 | WZ | 26,45% | 15,85 |
LE | 24,34% | 13,8 | LS | 26,76% | 16,10 |
Tab 18: FPÖ-Ergebnisse auf Bezirksebene
Mit 32,57 Prozent war der Bezirk Voitsberg der prozentuell stärkste der Freiheitlichen, die in der Landeshauptstadt mit 19,81 Prozent das schwächste Bezirksergebnis verzeichneten. Den größten Prozentpunktzuwachs fassten sie mit 22,08 Prozentpunkten wiederum im Bezirk Voitsberg, den geringsten mit 7,88 wiederrum in Graz aus. Bemerkenswert an den Prozentpunktdifferenzen ist, dass die FPÖ in allen Bezirken zulegen konnte.
Die FPÖ verzeichnete in allen 287 Gemeinden ein Prozentpunktplus.
Sie verzeichnete mit 11,95% in Altaussee (LI) das Prozentminimum und in Hartl (HF) mit 44,1% das Maximum. Das Prozentpunktplus war mit 6,7 in Bad Aussee (LI) am schwächsten, und wiederum in Hartl (HF) mit 32,41 am stärksten ausgeprägt.
Wie sich die einzelnen Variablen auf das FPÖ-Gesamtergebnis und die Prozentpunktdifferenzen auswirkten, ist an der folgenden Tabelle ablesbar:
Ge | Ppd | |
Wahlberechtigte | ns | s- |
Wahlbeteiligung | ns | ns |
Veränderung Wahlbeteiligung (Ppd) | ns | ns |
Veränderung Wahlbeteiligung in Kategorien | ns | ns |
Gemeindefusionsstatus | hs | hs |
Bezirksfusionsstatus | ns | ns |
Schulschließung | ns | ns |
Polizeipostenschließung | ns | ns |
Gesundheitsversorgung | hs | hs |
Postamtsschließung | ns | ns |
Schließung von Bezirksgerichten | hs | s |
Arbeitslosenrate | ns | s- |
Veränderung Arbeitslosenrate (Ppd) | ns | ns |
Veränderung Arbeitslosenrate in Kategorien | ns | ns |
Arbeitslosenrate im Vergleich zum Landesschnitt | hs | hs |
Flüchtlinge in Prozent | ns | ns |
Existenz von Flüchtlingen | ns | ns |
Migrantenanteil | ns | s- |
Renitenzfaktor1 | hs | hs |
Renitenzfaktor2 | hs | ns |
Kandidaturen von Namenslisten in Kategorien | ns | ns |
Anzahl der Namenslisten | ns | ns |
Gemeindefusionsfaktor | ns | s- |
Bezirksfusionsfaktor | s- | hs- |
Tab 19: Signifikanztabelle FPÖ
Für insgesamt 48 durchgeführte Berechnungen sind 17 (hoch) signifikante Korrelationen bzw. Mittelwertunterschiede feststellbar, das sind 35,4 Prozent. Davon entfallen sieben auf das Gesamtergebnis und zehn auf die Prozentpunktdifferenzen.
Interpretationen Gesamtergebnis
Das Wahlergebnis hängt vom Gemeindefusionsstatus ab (F(285)= 8,73, p<,01). In fusionierten Gemeinden hat die FPÖ ein hoch signifikant besseres Ergebnis (MW: 29,64, SD: 4,90) als in nicht fusionierten Gemeinden (MW: 26,98, SD: 6,32).
Das Wahlergebnis der FPÖ hängt von der Gesundheitsversorgung ab (F(285)= 1,04, p<,01). In Gemeinden/Bezirken, in denen Krankenhausabteilungen geschlossen wurden, hat die FPÖ ein hoch signifikant besseres Wahlergebnis (MW: 30,29, SD: 5,22) als in Gemeinden/Bezirken, die von Schließungen nicht betroffen waren (MW: 26,49, SD: 5,81).
Es hängt auch von der Schließung von Bezirksgerichten ab (F(285= 1,76, p<,01). In Gemeinden/Bezirken, die von Gerichtsschließungen betroffen waren (MW: 27,55, SD: 6,02), schneidet die FPÖ hoch signifikant schlechter ab als in solchen, die von Schließungen nicht betroffen (MW: 29,48,89, SD: 5,33) waren.
Das Wahlergebnis der FPÖ unterscheidet sich hoch signifikant je nachdem, wie hoch die Arbeitslosenrate im Vergleich zum Landesschnitt ist (F(2,284)= 15,14, p<,01). Wenn sie im Landesschnitt liegt (MW: 32,75, SD: 3,43), hat die FPÖ sowohl ein besseres Ergebnis, als wenn die Arbeitslosenrate unter (MW: 28,54, SD: 5,44, p<,01) oder auch über dem Landesschnitt liegt (MW: 26,04, SD: 6,34, p<,01). Das FPÖ-Gesamtergebnis ist außerdem hoch signifikant besser, wenn die Arbeitslosenrate unter dem Landesschnitt ist, als wenn sie über dem Landesschnitt liegt (p<,01).
Renitenzfaktor1 (r= ,26, p<,01) und Renitenzfaktor2 (r= ,26, p<,01) korrelieren hoch signifikant positiv mit dem Wahlergebnis der FPÖ. Je höher sie sind, desto besser ist das Wahlergebnis der FPÖ.
Der Bezirksfusionsfaktor korreliert signifikant negativ mit dem FPÖ-Wahlergebnis (r= -,14, p<,05). Umso mehr Gemeinden in einem Bezirk fusioniert wurden, umso schlechter fällt das Wahlergebnis der FPÖ aus.
Interpretationen Prozentpunktdifferenzen
Die Zahl der Wahlberechtigten korreliert signifikant negativ mit der Prozentpunktdifferenz der FPÖ-Wahlergebnisse (r= -,12, p<.05). Je höher die Zahl der Wahlberechtigten ist, desto weniger gewinnt die FPÖ dazu.
Die Prozentpunktdifferenz unterscheidet sich hoch signifikant (F(285)= 1,88, p <,01) je nach Gemeindefusionsstatus. In nicht fusionierten Gemeinden (MW: 16,82, SD: 4,94) gewinnt die FPÖ weniger dazu als in fusionierten (MW: 19,50, SD: 2,26).
Die Prozentpunktdifferenz hängt von der Gesundheitsversorgung ab (F(285)= 2,81, p<,01). In Gemeinden/Bezirken, in denen Krankenhausabteilungen geschlossen wurden, gewinnt die FPÖ hoch signifikant mehr dazu (MW: 20,14, SD: 4,61) als in Gemeinden/Bezirken, die von Schließungen nicht betroffen waren (MW: 16,34, SD: 4,31).
Sie hängt darüber hinaus auch von Gerichtsschließungen ab (F(285= 1,58, p<,01). In Gemeinden/Bezirken, die von Gerichtsschließungen betroffen waren (MW: 17,51, SD: 4,69), sind die FPÖ-Zugewinne signifikant geringer als in solchen, die davon nicht betroffen (MW: 19,09), SD: 4,95) waren.
Die Arbeitslosenrate korreliert negativ mit der Prozentpunktdifferenz der FPÖ (r= -,14, p<,05). Je höher die Arbeitslosenrate ist, desto weniger gewinnt die FPÖ dazu.
Das Wahlergebnis der FPÖ unterscheidet sich hoch signifikant je nachdem, wie hoch die Arbeitslosenrate im Vergleich zum Landesschnitt ist (F(2,284)= 20,50, p<,01). Wenn sie im Landesschnitt liegt (MW: 21,12, SD: 4,42), gewinnt die FPÖ mehr, als wenn die Arbeitslosenrate sowohl unter (MW: 18,67, SD: 4,55, p<,05) als auch wenn sie über dem Landesschnitt liegt (MW: 15,65, SD: 4,52, p<,01). Sie gewinnt außerdem mehr, wenn die Arbeitslosenrate unter dem Landesschnitt liegt als darüber (p<,01).
Der Migrantenanteil korreliert signifikant negativ mit der Prozentpunktdifferenz der FPÖ (r= -,15, p<,05). Je mehr Migranten in einer Gemeinde leben, desto geringer sind die Zugewinne der FPÖ.
Renitenzfaktor1 korreliert hoch signifikant positiv (r= ,24, p<,01) mit der Prozentpunktdifferenz. Je höher er ist, desto mehr gewinnt die FPÖ dazu.
Der Gemeindefusionsfaktor korreliert signifikant negativ mit der Prozentpunktdifferenz (r= -,20, p<,05). Je mehr (ursprüngliche) Gemeinden fusioniert wurden, desto größer sind die Zuwächse der FPÖ.
Der Bezirksfusionsfaktor korreliert hoch signifikant negativ mit der Prozentpunktdifferenz (r= -,26, p<,01). Umso mehr Gemeinden in einem Bezirk fusioniert wurden, umso weniger gewinnt die FPÖ dazu.
Regression
Die Kennwerte für das beste Modell des FPÖ-Gesamtergebnisses sind R2 = 0,323 und R2korr = 0,294, das bedeutet, es liegt eine große Effektstärke vor.
Folgende Variablen sind im Modell enthalten:
Variable | b | Sig. |
Konstante | 171,685 | ,000 |
Wahlberechtigte | -6,010 | ,026 |
Wahlbeteiligung | -,152 | ,017 |
Wahlbeteiligung in Kategorien = Zunahme | 1,277 | ,109 |
Gemeindefusionsstatus = Fusioniert | 1,343 | ,049 |
Bezirksfusionsstatus = Fusioniert | 1,746 | ,063 |
Arbeitslosenrate | 4,758 | ,000 |
Veränderung Arbeitslosenrate in Kategorien = Zunahme | -7,799 | ,001 |
Arbeitslosenrate im Vergleich zum Landesschnitt = Überdurchschnittlich | 4,473 | ,000 |
Anzahl kandidierende Parteien | -22,710 | ,000 |
Veränderung kandidierende Parteien | 8,734 | ,000 |
Renitenzfaktor1 | ,103 | ,000 |
Mehrheitsverhältnis 2010 = SP_AM | -1,060 | ,232 |
Tab 20: Modell FPÖ-Gesamtergebnis
Die Kennwerte für das beste Modell der FPÖ-Prozentpunktdifferenzen sind R2 = 0,375 und R2korr = 0,343, das bedeutet, es liegt eine große Effektstärke vor.
Folgende Variablen sind im Modell enthalten:
Variable | b | Sig. |
Konstante | 166,013 | ,000 |
Wahlberechtigte 2015 | -2,916 | ,212 |
Gemeindefusionsstatus = Fusioniert | 1,093 | ,051 |
Bezirksfusionsstatus = Fusioniert | 1,000 | ,182 |
Polizeipostenschließung = Ja | 1,126 | ,169 |
Bezirksgerichtsschließung = Ja | 3,421 | ,097 |
Arbeitslosenrate | 6,872 | ,000 |
Veränderung Arbeitslosenrate (Ppd) | -3,973 | ,066 |
Veränderung Arbeitslosenrate in Kategorien = Zunahme | -9,504 | ,001 |
Arbeitslosenrate im Vergleich zum Landesschnitt = Unterdurchschnittlich | 3,315 | ,075 |
Arbeitslosenrate im Vergleich zum Landesschnitt = Überdurchschnittlich | -4,373 | ,200 |
Anzahl kandidierende Parteien | -26,339 | ,000 |
Veränderung kandidierende Parteien | 7,601 | ,000 |
Renitenzfaktor1 | ,076 | ,000 |
Mehrheitsverhältnis 2010 = VP_RM | -1,083 | ,042 |
Tab 21: Modell FPÖ-Prozentpunktdifferenzen
(…)
Zusammenfassung
Von insgesamt 288 durchgeführten statistischen Berechnungen wiesen 54,9 Prozent keine, 14,6 Prozent signifikante und 30,6 Prozent hoch signifikant Korrelationen bzw. Mittelwertdifferenzen auf. Von den (hoch) signifikanten Korrelationen bzw. Mittelwertunterschieden entfielen 79 (= 27,4% bzw. 62,7%) auf die Gesamtergebnisse und 48 (= 16,7% bzw. 37,8%) auf die Prozentpunktdifferenzen.
Die folgende Tabelle ediert die jeweiligen Signifikanzen für die insgesamt 24 gerechneten Variablen:
ns | s | hs | Summe s+hs | |
Wahlberechtigte | 58,3% | 16,7% | 25,0% | 41,7% |
Wahlbeteiligung | 33,3% | 16,7% | 50,0% | 66,7% |
Veränderung Wahlbeteiligung (Ppd) | 58,3% | 33,3% | 8,3% | 41,7% |
Veränderung Wahlbeteiligung in Kategorien | 100,0% | 0,0% | 0,0% | 0,0% |
Gemeindefusionsstatus | 41,7% | 8,3% | 50,0% | 58,3% |
Bezirksfusionsstatus | 66,7% | 25,0% | 8,3% | 33,3% |
Schulschließung | 91,7% | 8,3% | 0,0% | 8,3% |
Polizeipostenschließung | 100,0% | 0,0% | 0,0% | 0,0% |
Gesundheitsversorgung | 41,7% | 16,7% | 41,7% | 58,4% |
Postamtsschließung | 100,0% | 0,0% | 0,0% | 0,0% |
Schließung von Bezirksgerichten | 16,7% | 16,7% | 66,7% | 83,4% |
Arbeitslosenrate | 33,3% | 16,7% | 50,0% | 66,7% |
Veränderung Arbeitslosenrate (Ppd) | 50,0% | 0,0% | 50,0% | 50,0% |
Veränderung Arbeitslosenrate in Kategorien | 58,3% | 16,7% | 25,0% | 41,7% |
Arbeitslosenrate im Vergleich zum LS | 16,7% | 25,0% | 58,3% | 83,3% |
Flüchtlinge in Prozent | 91,7% | 0,0% | 8,3% | 8,3% |
Existenz von Flüchtlingen | 50,0% | 16,7% | 33,3% | 50,0% |
Migrantenanteil | 33,3% | 16,7% | 50,0% | 66,7% |
Renitenzfaktor1 | 16,7% | 16,7% | 66,7% | 83,3% |
Renitenzfaktor2 | 41,7% | 0,0% | 58,3% | 58,3% |
Kandidaturen von Namenslisten in Kategorien | 58,3% | 25,0% | 16,7% | 41,7% |
Anzahl der Namenslisten | 58,3% | 8,3% | 33,3% | 41,7% |
Gemeindefusionsfaktor | 83,3% | 16,7% | 0,0% | 16,7% |
Bezirksfusionsfaktor | 33,3% | 16,7% | 50,0% | 66,7% |
Tab 36: Signifikanzen der einzelnen Variablen (Rest Rundungsfehler)
Das Höchstmaß an (Hoch-) Signifikanzen ist für die Variable Schließung von Bezirksgerichten festzuhalten. Bei drei Variablen (= 12,5%) existieren keine (hoch) signifikant Korrelationen bzw. Mittelwertunterschiede.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Prozentanteile der (Hoch-)Signifikanzen an den für die einzelnen Parteien jeweils durchgeführten Berechnungen:
Berechnungen | ns | s | hs | s+hs | ||
ÖVP | 48 | 19 | 7 | 22 | 29 | 60,4% |
KPÖ | 48 | 23 | 12 | 13 | 25 | 52,1% |
„Grüne“ | 48 | 26 | 4 | 18 | 22 | 45,8% |
NEOS | 24 | 13 | 2 | 9 | 11 | 45,8% |
FRANK | 24 | 14 | 2 | 8 | 10 | 41,7% |
FPÖ | 48 | 31 | 6 | 11 | 17 | 35,4% |
SPÖ | 48 | 32 | 7 | 9 | 16 | 33,3% |
Tab 37: Prozentanteile der (Hoch-)Signifikanzen
Die abschließende Tabelle ediert die Effektstärken des jeweiligen Regressionsmodells, sofern Berechnungen durchgeführt wurden:
SPÖ | ÖVP | FPÖ | „Grüne“ | KPÖ | NEOS | FRANK | ||||||
Ge | Ppd | Ge | Ppd | Ge | Ppd | Ge | Ppd | Ge | Ppd | Ge | Ge | |
Kleine Effektstärke | ||||||||||||
Mittlere Effektstärke | X | X | ||||||||||
Große Effektstärke | X | X | X | X | X | X | X | X | X | X |
Tab 38: Effektstärken der Regressionsmodelle
Morgen:
Beschleunigter Puls im Grünen Herz: Die Steirische Wählerstromdynamik im Vergleich
Von Evelyn Hacker, Christoph Hofinger und Andreas Holzer
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[1] Signifikant = p<,05; hoch signifikant = p<,01.